Stellungnahme der VEE Sachsen e.V. zum Entwurf des Landesentwicklungsplans 2012 der sächsischen Staatsregierung

Stellungnahme der VEE Sachsen e.V. zum Landesentwicklungsplan 2012 - Ein Überblick

Die Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien – VEE Sachsen e.V. sieht als grundlegendes strukturelles Problem des vorliegenden Entwurfs, nach wie vor das Bestreben der Staatsregierung an, die einheimische Braunkohle als bedeutendsten einheimischen Energieträger zur Energieversorgung zu unterstützen. Damit konterkariert sie erneut ihre eigenen klimapolitischen Ziele [Sachsen gehört zu den Bundesländern mit dem höchsten pro-Kopf-CO2-Ausstoß (12,6t CO2/EW allein die beiden Braunkohlekraftwerke Boxberg und Lippendorf verursachen über die Hälfte des sächsischen CO2- Ausstoßes]. Im Entwurf des Landesentwicklungsplanes 2012 werden in keiner Weise die Zusammenhänge zwischen Energieversorgung auf fossiler Energieträgerbasis und globaler Klimaerwärmung erwähnt, obwohl in Sachsen genügend Studienergebnisse zu dieser Thematik vorliegen.

Perspektive nach der Braunkohle fehlt weiterhin

Gleichzeitig verpasst der Freistaat Sachsen wieder die Gelegenheit, ein Konzept zu erstellen, das vorgibt, wie eine postfossile Energieversorgung zu erreichen ist und wie den Menschen in den Braunkohleregionen eine Perspektive nach dem Braunkohleabbau gegeben werden kann. In diesem Zusammenhang muss auch der zukünftige Ausbau und die Ertüchtigung der Stromnetze betrachtet werden: Mit dem Festhalten an der Braunkohle und deren Verstromung sind quasi zwei Ziele beim Netzausbau zu verfolgen. Einerseits muss der Transport großer Mengen von Braunkohlestrom gewährleistet und gleichzeitig andererseits die steigende Menge an Strom aus regenerativen Energieträgern aufgenommen werden. Ein zeitmäßig programmierter Ausstieg aus der Braunkohle würde in der Zukunft ebenfalls den Netzbetreibern im Freistaat helfen, ihre Planungen auf die weiterhin steigende Einspeisung aus regenerativen Energieträgern zu konzentrieren.

Energieversorgung weiter Dezentralisieren - Anlagen möglichst verbrauchernah errichten

Ein weiterer Widerspruch ergibt sich mit dem Anspruch des Landesentwicklungsplans 2012 (LEP 2012), die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu schützen und die Flächeninanspruchnahme zu begrenzen. Mit dem Aufschluss neuer Braunkohletagebaue werden erneut ganze Landstriche irreparabel zerstört und Menschen gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Dagegen werden für den Ausbau der Erneuerbaren Energien eine Reihe von raumrelevanten Kriterien (Seite 148) zu Grunde gelegt. So soll der Ausbau flächensparend, effizient und umweltverträglich vorangetrieben werden, um u.a. die lokalen Produktions- und Abnehmerstrukturen optimal miteinander zu verbinden. Eine optimale Verbindung kann nach Ansicht der VEE Sachsen e.V. nicht erreicht werden, wenn der Grundsatz des Landesentwicklungsplanes bestehen bleibt, die Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) in wenigen großen Vorranggebieten zu konzentrieren. Daher ist es für uns auch nicht nachvollziehbar, dass in diesem Zusammenhang das Attribut „verbrauchernah“ gestrichen worden ist. Um unnötige Energieverluste und zusätzliche Leitungstrassen zu vermeiden, soll Strom möglichst auch dort erzeugt werden, wo er verbraucht wird. Auch sollten nach dem Verursacherprinzip die Anlagen zur Stromerzeugung dort toleriert werden, wo der Strom in großen Mengen verbraucht wird – insbesondere nahe von Industrieanlagen und Großstädten. Das von den Autoren des Entwurfs aufgestellte Kriterium, die Flächen bevorzugt in der Nähe bestehender geeigneter Netzinfrastruktur auszuweisen, birgt die Gefahr, den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien zu blockieren.

Bezahlbare Energieversorgung für Sachsen - aber wie?

Erneut bleibt die sächsische Staatsregierung die Begründung schuldig, auf welchen Annahmen ihr Standpunkt beruht, dass die sächsische Braunkohle auch in Zukunft eine sichere und vor allem bezahlbare Energieversorgung garantieren kann. So werden bspw. die Investkosten für den neu in Betrieb genommenen Kraftwerksblock Box R im Braunkohlekraftwerk Boxberg von VATTENFALL mit rund einer Milliarde Euro angegeben.

Kosten die auf die Energieverbraucher umgelegt werden müssen. Auch in den Jahren ohne einen signifikanten Ausbau und Anteil der Erneuerbaren Energien am deutschen Strommix kam es zu jährlichen Preissteigerungen bei den Stromkosten. Diese werden sich ab dem Jahr 2013, durch den Beginn des Emissionszertifikatehandels, von dem gerade auch die sächsischen Braunkohlekraftwerke betroffen sein werden, noch weiter verschärfen. Dazu kommen, wie im international anerkannten Report von Nicolas Stern (Stern-Report) im Jahr 2011 dargelegt, die zu erwartenden Folgekosten eines ungebremsten CO2-Ausstoßes. Diese werden zukünftig ebenfalls weiter stark anwachsen und den Freistaat Sachsen nicht aussparen.

Photovoltaik und Wasserkraft gehören in den Landesentwicklungsplan

Vermisst haben wir konkrete Kapitel zu den Bereichen der Photovoltaik und der Wasserkraft. Beide Bereiche tragen in einem nicht unerheblichen Beitrag zur aktuellen Energiewende und den sächsischen Ausbauzielen bei. Um auch in Zukunft einen kontinuierlichen Ausbau beider Bereiche zu ermöglichen, sollten hierfür ebenfalls im Landesentwicklungsplan konkrete Vorgaben eingearbeitet werden. Die Orientierung für solche Vorgaben muss sich nach den bundesdeutschen Zielen der Energiewende richten. Richtigerweise müsste im LEP-Entwurf ein einheitliches Kapitel „Klimawandel und Regenerative Energien“ enthalten sein. Ebenfalls sollten konkrete zeitliche Vorgaben formuliert werden, bis wann die regionalen Planungsverbände die entsprechenden Regionalpläne an die Zielsetzungen des Landesentwicklungsplans 2012 anzupassen haben.

Abschließende Bewertung

Die im Juli 2011 vom Deutschen Bundestag mehrheitlich beschlossenen sowie mehrheitlich vom deutschen Bundesrat bestätigten Energiewendegesetze finden in dem vorliegenden LEPEntwurf nur eine sehr halbherzige Berücksichtigung. Der hier im Wesentlichen begutachtete Teil 5.1. Energieversorgung trägt den Energiewendegesetzen nicht ausreichend Rechnung.

Gleichermaßen fehlt die Herausarbeitung der Zusammenhänge zwischen der sich zuspitzenden Klimaerwärmung und den unterschiedlichen Arten der Energiebereitstellung. Obwohl mittlerweile hinreichend bekannt ist, dass die Braunkohleverstromung zu den höchsten CO2- Treibhausgasemissionen führt, wird genau die noch intensivere Verstromung von Braunkohle zur Schlüsseltechnologie der sächsischen Art einer Energiewende erklärt.

Die Umsetzung des vorliegenden Entwurfes, bezüglich der Energieversorgung, wird den Freistaat Sachsen zukünftig im Vergleich mit den anderen Bundesländern noch weiter ins Hintertreffen führen. Sachsen belegt ohnehin nur einen Platz im unteren Mittelfeld.

Im vorliegenden LEP-Entwurf 2012 sind keinerlei Ausführungen zu den Energiespeichertechnologien enthalten. Dabei geht es nicht um lokale Akkuspeicher mit kleinen Kapazitäten, sondern um Großspeicher, wie Pumpspeicherkraftwerke, Druckluftspeicher, Anlagen zur Umwandelung von elektrischem Strom aus Windenergie- und PV-Anlagen (Power-to-Gas), etc. Das Gelingen der Energiewende wird in erheblichem Maße
von der Realisierung von Speichertechnologien abhängen. Sachsen kann zwar mit ersten positiven Beispielen aufwarten, doch bedarf es zukünftig einer klaren politischen Weichenstellung.

Der vorliegende Entwurf des LEP 2012 sollte nach Ansicht der VEE Sachsen e.V. zumindest im Kapitel „Energieversorgung“ überarbeitet werden. Die Zielstellungen der Energiewendegesetze für den Anteil Strom aus erneuerbaren Energieträgern von 40% bis zum Jahr 2020 müssen in einem zur Verabschiedung stehenden LEP 2012 als Mindestanforderung enthalten sein. Für die Überarbeitung des vorliegenden Entwurfes empfehlen wir unbedingt die Einbeziehung von Fachleuten aus den Bereichen Klimaschutz und Erneuerbare Energien.

Die gesamte Stellungnahme der VEE Sachsen e.V. zum Landesentwicklungsplan 2012 der sächsischen Staatsregierung finden Sie hier.

Die Pressemitteilung zur Stellungnahme der VEE Sachsen e.V. finden Sie hier.