VEE-Positionspapier: Erneuerbare Energien und Waldnutzung in Sachsen

VEE-Positionspapier: Erneuerbare Energien und Waldnutzung in Sachsen

Erneuerbare Energien im Wald – Version 1.1 – Stand 12.12.2025

1.    Einleitung

a.    Hintergrund und Kontext der Energiewende

Die Erreichung des 1,5°-Zieles und somit die Eindämmung des Klimawandels erfordert ein unverzügliches Handeln auf allen Ebenen. Bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 80 % steigen. Der Ausbau von erneuerbaren Energien liegt gemäß § 2 EEG im überragenden öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. 

Dazu müssen laut Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) Windenergieanlagen mit einer Leistung von insgesamt mehr als 100 Gigawatt in Betrieb sein. Die Grundvoraussetzung für den Ausbau von erneuerbaren Energien ist die Ausweisung von geeigneten Flächen. Wir begrüßen sehr, dass die Bundesregierung den Bundesländern mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz – (WindBG) dafür im Windbereich klare und verbindliche Vorgaben gemacht hat. 

Ausbau Wind im Wald

Ende 2022 waren in Deutschland 2.373 WEA – und damit 8 % des gesamten Anlagenbestands – auf Waldflächen in Betrieb. Diese verfügen über eine elektrische Gesamtleistung von 6.610 Megawatt, was 11 % der insgesamt installierten Windenergieleistung in Deutschland entspricht. 86 % der Anlagen in Wirtschaftswäldern wurden seit 2010 errichtet.

Dass für den Ausbau der Erneuerbaren Energien auch geeignete Forstflächen in Betracht gezogen werden dürfen, ist aus unserer Sicht eine Chance für eine nachhaltige und umweltschonende Planungsweise.

Windenergie in Sachsen

In Ostdeutschland ist Windenergie im Wald bislang in Brandenburg und in sehr geringem Umfang auch in Sachsen und Thüringen vertreten.

In Sachsen ist es seit 2023 aufgrund der „Flexibilisierungsklausel“ (wieder) möglich, Windenergieanlagen auf Forstflächen zu errichten. In geringem Umfang stehen dort bereits Windenergieanlagen im Wald, die allerdings zu Zeiten genehmigt und errichtet wurden, als die dortige Landesraumordnung diesbezüglich keine Einschränkungen machte. 

Windenergieflächenbedarfsgesetz – (WindBG) 

WindBG in Sachsen sieht vor, dass bis Ende 2027 1,3% und bis Ende 2032 2,0% der Landesfläche als Windvorranggebiet ausgewiesen werden sollen.

b.    Die vielfältigen Funktionen des Waldes in Sachsen

Wald im Sinne des Gesetzes ist jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche (§ 2 Abs. 1 BWaldG), auf welcher es möglich ist, die in § 1 Nr. 1 SächsWaldG aufgeführten Nutz-, Schutz und Erholungsfunktionen auszuüben. Dem Wald werden unter anderem auch Kahlschläge, Waldwege und Waldwiesen etc. zugerechnet (§ 2 Abs. 2 SächsWaldG), sofern diese mit dem Wald verbunden sind und diesem dienen. Der traditionelle Sehnsuchtsort der Deutschen erfreut sich einer besonderen Stellung in der Gesetzgebung: so wird etwa direkt im ersten Satz des ersten Paragraphen des Bundeswaldgesetz geregelt, dass im Wald ein Dreiklang aus Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion zu vereinbaren ist und dieser daher als erhaltenswert gilt. Dabei wird die Deutsche Forstverwaltung einem stark integrativen Anspruch bei hoher Bevölkerungsdichte gerecht, wohingegen sich Nationen wie die USA den „bequemeren“ segregativen Nutzungsansatz mit thematisch getrennten Flächen leisten können.

Während die Nutzfunktion im Sinne einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft (§ 11 BWaldG, § 16 SächsWaldG) sowie die Erholungsfunktion im Sinne der Bevölkerung (noch verstärkt in stadtnah ausgewiesenen Erholungswäldern nach § 13 BWaldG) relativ eindeutig abgegrenzt sind, findet sich für die Schutzfunktion des Waldes ein breiter Strauß an Aspekten. Neben der gesondert auszuweisenden Kategorie eines Schutzwaldes (§ 12 BWaldG), z.B. für die Sicherung von Hängen oder zum Schutz vor Immissionen, umfasst die Schutzfunktion des Waldes vor allem ökologische Grundlagen wie die Habitatfunktion für Arten oder den Naturhaushalt im  Allgemeinen. Hierbei wollen üblicherweise auch externe Fachgebiete wie z.B. der Naturschutz Einfluss nehmen, was regelmäßig Diskussionen hervorruft und zuletzt durch eine Verschiebung der gesellschaftlichen Ansprüche beinahe zu einer Neuauflage des Bundeswaldgesetzes mit einem Schwerpunkt auf der Schutzfunktion geführt hätte. 

Die Deutungshoheit über die Funktionen des Waldes befindet sich momentan wieder im Wandel. In den vergangenen Jahren fanden moderne Denkansätze wie die Honorierung der Ökosystemleistungen des Waldes Eingang in das deutsche Rechts- und Fördersystem. Auf der anderen Seite hat er aufgrund seiner verringerten Vitalität jüngst seine bedeutende Funktion als CO2-Senke eingebüßt und ist auf EU-Ebene nach wie vor weitgehend Ländersache. So stehen etwa ausgeprägte Holznutzungsmentalitäten wie in Schweden und Österreich den ökologisch ambitionierten Vorstößen aus Deutschland und den Niederlanden entgegen, während Südeuropa vor allem an Monitoring und Waldbrandverhütung interessiert ist. In der deutschen Diskussion um Windenergie im Wald wurde nun ein vorläufiger Kipppunkt der gesellschaftlichen Toleranz erreicht, obwohl die Sachlage eigentlich dafür spricht. Es ist eine rein politische Frage, ob die Nutzung von Windenergie Teil der Funktionen des Waldes in Sachsen sein „darf“ oder nicht.

c.    Waldzustand

Für die wissenschaftliche Überwachung des Waldzustandes in Deutschland ist das Thünen-Institut unter Koordination des BMLEH zuständig. Neben der inhaltlich wie räumlich sehr umfassenden Bundeswaldinventur, die etwa alle 10 Jahre stattfindet, werden parallel in kürzeren Taktungen zudem Schwerpunkterhebungen in kleinerem Umfang durchgeführt – darunter auch eine jährliche Waldzustandserhebung. Diese findet seit den 80ern vor dem Hintergrund neuartiger Waldschäden („Tannensterben“ in Süddeutschland, saurer Regen) statt und nutzt als Indikator vor allem die Belaubung der Baumkronen mit Stichproben in einem 16 x 16 km-Raster. 

Der entsprechende Waldzustandsbericht 2025 konstatierte erneut den langfristigen Trend einer abnehmenden Vitalität – noch einmal verstärkt durch die markanten Trockenjahre 2018-2020. Vor allem die Fichte knickt im Klimawandel ein, da sie von Natur aus eher für höhere Gebirgsstandorte geeignet ist, aber wegen ihrer starken Wuchsleistung sowie Geradschaftigkeit bis ins Flachland hinein als Reinbestand angebaut wird. Bekannte sächsische Forstwirtschaftler wie Hans Carl von Carlowitz und Heinrich Cotta etablierten sie um das 18. Jahrhundert herum als preußisch aufgereihten „Plantagenbaum“, um den Rohstoffhunger der beginnenden Industrialisierung zu stillen. Nun wird der Waldum/-rückbau hin zum Laubmischwald vom Klimawandel erzwungen: zwischen den Bundeswaldinventuren 2012 und 2022 nahm der Anteil der Fichte aufgrund von Trockenheit, Stürmen und darauf folgende Borkenkäferkalamität um dramatische 17 % ab. Während der Zustand der Fichte sich durch den Rückzug in die Berge langsam wieder auf schlechtem Niveau fängt, schwächelt seit 3 Jahren insbesondere der Hoffnungsträger Eiche. Auch die anderen Hauptbaumarten in Deutschland (Kiefer, Buche, Eiche) leiden. Im Jahr 2024 wiesen 36 % unserer Bäume deutliche Kronenverlichtungen auf, 43 % befinden sich in der Warnstufe und lediglich 21 % gelten als nicht geschädigt. Der deutsche Wald ist in einem erheblich geschädigten Zustand und es ist mittelfristig kaum Verbesserung in Sicht.

d.    Problemstellung

Wald darf nur mit Genehmigung der Forstbehörde dauerhaft in eine andere Nutzungsart umgewandelt werden. Bei der entsprechenden Abwägungsentscheidung sind die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers sowie die Belange der Allgemeinheit gegeneinander und untereinander abzuwägen (§ 8 SächsWaldG).

2.    Aktueller Stand der Erneuerbaren Energien Windenergie und Photovoltaik in Sachsen

a.    Windenergie

Das WindBG in Sachsen sieht vor, dass bis Ende 2027 1,3% und bis Ende 2032 2,0% der Landesfläche als Windvorranggebiet ausgewiesen werden sollen. Momentan stehen gesicherte Flächen in Höhe von 0,3% der Windenergienutzung zur Verfügung.

Ende 2024 waren in Sachsen 853 WEA mit 1.361 MW in Betrieb  - das sind 16 weniger als 2023. Insgesamt wurden 5 WEA mit 24 MW im Jahr 2024 zu - und 21 WEA zurückgebaut. Die Anlagenanzahl ist damit also sogar gesunken. Sachsen ist damit weiter das Flächenbundesland mit dem niedrigsten Zubau. Etwas Hoffnung machen die Genehmigungszahlen - die stiegen im Jahr 2024 auf insgesamt 66 Windenergieanlagen, was mehr als doppelt so viele wie 2023 sind, aber dennoch zu wenig für die eigentlichen Zubauziele.

b.    Photovoltaik

Sachsen holt in der Photovoltaik auf und konnte sich im flächenbezogenen Zubau im Jahr 2024 einen Spitzenplatz sichern. Insgesamt sind rund 4.400 MWp Leistung installiert bei insgesamt rund 155.000 Anlagen (Stand Mitte 2024). 

3.    Erneuerbare Energien und Waldnutzung

a.    Windenergie im Wald

i.    Nutzung von Waldflächen
                          
Grundsätzlich sind Standorte im Wald meist für WEA geeignet, wenn keine spezielle Waldfunktion oder ein naturschutz-/wasserschutzrechtliches Schutzgebiet vorliegt. Das Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft hat innerhalb der Anwendung iDA (interdisziplinäre Daten und Auswertungen) eine Karte zur Windenergie in Waldgebieten in einem Ampelsystem erstellt, anhand derer ein Jedermann die Eignung entsprechender Flächen einsehen kann. Durch den Staatsbetrieb Sachsenforst als obere Forstbehörde werden auf der Grundlage von § 6a SächsWaldG im Rahmen der Waldfunktionenkartierung alle Waldflächen erfasst, die eine über das normale Maß hinausgehende Schutz- und Erholungsfunktion erfüllen. Die Kartierungsergebnisse dienen als Grundlage dafür, ob eine Waldfläche für die Errichtung von WEA unter forstfachlichen, naturschutzfachlichen und wasserrechtlichen Kriterien geeignet ist. 

Die oben genannte Karte hat nicht den Status einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift, und die dort getroffenen Aussagen sind für die Genehmigungsbehörden nicht bindend. Die Karte ist ein Hilfsmittel vor allem für die Behörden, welche aufzeigt, auf welchen Flächen im WEA-Genehmigungsverfahren wegen der möglichen fachlichen Konflikte auf die Beteiligung anderer Fachbehörden (z.B. Naturschutz-, Forst-, Denkmalschutz-, Wasserbehörde) in besonderem Maße zu achten ist. Die Vereinbarkeit der WEA mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften wird im Genehmigungsverfahren geprüft.

Bei der Ausweisung von Windvorranggebieten orientieren sich die Regionalplanungsverbände in der Regel direkt an den Waldfunktionen und wägen eine entsprechende Ausweisung daran ab. 

Für die Betriebsdauer benötigen WEA einen durchschnittlichen Flächenbedarf von 0,51 ha pro Windrad, etwa ein halbes Fußballfeld. Während der Bauphase kommen zusätzlich ca. 0,57 ha temporäre Fläche hinzu , die anschließend wieder aufgeforstet wird. Des Weiteren müssen für die Anlieferung der Anlagenteile die Waldwege oft ausgebaut (Vorteil für Waldbesitzer) und Bäume im Schwenkbereich der Kurven entnommen werden. 

Der Hauptvorteil von Waldstandorten ist die meist weiter abgelegene Lage zur Wohnbebauung als auch die höhere und damit ertragssteigernde Lage in den waldreicheren Mittelgebirgsstandorten. Wald konnte sich historisch dort halten, wo der Mensch nicht siedeln oder Nahrung anbauen will - insofern eigentlich an den konfliktärmsten Orten Deutschlands. Es sollte abseits der Vorranggebiets-Ausweisungen generell auch stets die Option einer lediglich temporären Waldumwandlung nach § 9 Abs. 2 BWaldG berücksichtigt werden.

ii.    Die Rolle der Flexibilisierungsklausel 

Die Flexibilisierungsklausel nach § 20 Abs. 3 SächsLPIG soll dem beschleunigten Ausbau der Windenergie dienen, welche im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der Sicherheit dient (§ 2 EEG). Mit ihrer Einführung im Jahr 2023 übernahm Sachsen eine Vorreiterrolle in der planungsrechtlichen Erleichterung von Zielabweichungsverfahren im Zusammenhang mit § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB, die auch auf Waldflächen angewendet werden kann. Sie ermöglicht die Abweichung von den Festlegungen des Ziels 5.1.3 des Landesentwicklungsplans Sachsen 2013 (Ausweisung Vorranggebiete usw.) und der Regionalpläne, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist, das Benehmen mit der Raumordnungsbehörde gegeben ist und die Zulassung im Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden sowie dem Benehmen des betroffenen Regionalen Planungsverbandes erfolgen kann. Dem Einvernehmen mit den betroffenen Gemeinden kommt hierbei eine Schlüsselrolle in der Umsetzungspraxis zu. 

iii.    Erfahrungen aus anderen Bundesländern und die Rechtsprechung

In einigen Bundesländern ist die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald aufgrund landesrechtlicher Vorgaben nicht oder nur eingeschränkt zulässig, wobei sich allerdings in den letzten Jahren ein Trend zur Öffnung von Waldflächen abzeichnete, seit das Bundesverfassungsgericht in 2022 das generelle Verbot in Thüringens Wäldern für verfassungswidrig erklärte. So macht etwa NRW pragmatisch vor allem Kalamitätsflächen für die Windenergienutzung zugänglich, nicht zuletzt, um die zu erwartenden Stromerlöse finanziell für die Wiederaufforstung nutzen zu können. 

Waldflächen stellen in waldreichen, aber ansonsten dicht besiedelten Bundesländern wie Hessen auch einen nicht zu unterschätzenden Hebel für die Erreichung der WindBG-Flächenziele dar. Gleichzeitig befördert die Windenergienutzung parallel den Waldumbau hin zu Laub(misch)wäldern, da diese in den Abwägungsentscheidungen der Forstbehörden gegenüber Nadelreinbeständen bevorteilt sind.

b.    Photovoltaik im Wald

i.    Nutzung von Waldflächen

Grundsätzlich eignet sich Wald nicht als Standort für Photovoltaik-Anlagen; aus den verschiedensten Gründen: Die umstehenden Bäume werfen lange Schatten, sodass ein großzügiger Abstand zum gesamten Waldrand gehalten werden muss, was die Projektfläche verkleinert und damit die Wirtschaftlichkeit verringert. Auch das Verlegen der Kabeltrasse zum Netzverknüpfungspunkt durch einen Wald produziert in der Regel höhere Kosten als das Verlegen auf freiem Feld. Gegebenenfalls können höhere Auflagen an den Brandschutz gestellt werden, Forstwege müssen für die Anlieferung der Komponenten - und als während des Betriebs freizuhaltende Rettungs- und Servicewege - womöglich kostenintensiv ausgebaut werden. Allein diese Gründe machen PV-Anlagen im Wald wirtschaftlich nicht attraktiv. 

Im Gegensatz zu Windenergieanlagen fällt zudem der Flächenverbrauch von PV-Anlagen weitaus höher aus, sodass der Eingriff in den Wald pro MW deutlich intensiver ist. 

Im Hinblick auf die Wiedervernässung von Moorböden, um einen natürlichen Klimaschutz voranzutreiben, können PVA in Waldgebieten jedoch einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten. Gegenüber landwirtschaftlich genutzten Mooren im Offenland haben Waldmoore meist günstigere Renaturierungsperspektiven. Denn oft wurden sie weniger tief entwässert und nur selten tief umgebrochen. Außerdem bestehen weniger Zielkonflikte, da die Waldmoorstandorte eine sehr geringe Bedeutung für die Holzproduktion haben.

Auf geeigneten Waldflächen, die in der Vergangenheit trockengelegt wurden, um die forstliche Bewirtschaftung zu vereinfachen, sollte auf eine Wiedervernässung hingewirkt werden, wobei die Errichtung von Moor-PV deutliche Synergieeffekte (z.B. durch den Schutz des Bodens vor Austrocknung) aufzeigt.

Der VEE sieht daher  nur eine geringe Vereinbarkeit zwischen Photovoltaikanlagen und Natur- bzw. Waldschutz und spricht sich nur in Ausnahmefällen für die Nutzung von  PV-Anlagen in ausgewiesenen Forstgebieten aus.

ii.    Unterschiede der Waldnutzung PV und Wind

Photovoltaikanlagen (PV) zur Stromerzeugung sind flächenintensiv, da sie große, möglichst unverschattete Freiflächen benötigen. Im Wald sind sie daher nur auf gerodeten Flächen sinnvoll zu realisieren. Zusätzlich zum Platz für die Solarmodule selbst muss man auch den nötigen Abstand zu den umliegenden Bäumen berücksichtigen, um eine Verschattung zu vermeiden. Dieser Abstand hängt vom Winkel der Module und der Höhe der Bäume ab. Aufgrund dieser Anforderungen ist die Nutzung von Waldflächen für PV-Anlagen meist nur auf bereits gerodeten Flächen praktikabel, wobei auch gerodete Waldflächen als Wald im Sinne des Gesetzes gelten und zeitnah wieder aufzuforsten sind. 

Windenergieanlagen (WEA) sind im Vergleich flächeneffizienter, da sie nur am Fundament eine kleine, permanente Fläche für mehrere MW Leistung beanspruchen, wofür PV einige Hektar benötigt. Der größte Teil des Waldes kann um die Anlage herum bestehen bleiben. Man muss lediglich die Schneise für den Bau sowie die Wartungswege schaffen. Die Rotorblätter drehen sich über den Baumkronen, ohne diese zu beeinträchtigen und selbst im Ertrag beeinträchtigt zu werden. Daher kann der Wald unterhalb der Rotorblätter weiterbestehen und seine Ökosystemdienstleistungen (z.B. CO2-Speicherung, Lebensraum) weitgehend unbeeinflusst erbringen. Negative Auswirkungen sind am ehesten bezüglich Scheuchwirkung (z.B. Rehe; diese gewöhnen sich nach Aussagen aus der Jägerschaft allerdings daran, vergleichbar mit Autobahnen oder Kiesabbauaktivitäten) sowie größeren Vogel- und Fledermausarten, die auch oberhalb der Baumkronen aktiv sind, zu erwarten.

iii.    Erfahrungen aus anderen Bundesländern und die Rechtsprechung

Der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Bundesverband e.V. (SDW) betrachtet die Nutzung von Waldflächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen sehr kritisch und führt in seinem Positionspapier aus 2023 ein herausragendes Beispiel aus Brandenburg an, in dem die Lindhorst-Gruppe einen 250 ha großen Solarpark im Wald bei Bad Freienwalde anstrebte. Im Folgejahr zog sie ihren Antrag aufgrund massiver Proteste durch Anwohner und Naturschützer zurück, obwohl die Stadt hinter dem Projekt stand und auf Gewerbesteuereinnahmen hoffte. 

4.    Kommunale Akzeptanz und Beteiligung

a.    Bedeutung der Akzeptanz

Die Diskussion um Windenergie im Wald ist oft emotional aufgeladen - dabei bieten sich gerade hier große Chancen, wenn sie verantwortungsvoll und mit Augenmaß genutzt werden. Ein entscheidender Hebel zur Steigerung der Akzeptanz liegt darin, Windenergieanlagen bevorzugt auf bereits geschädigten oder gerodeten Flächen zu errichten. Statt intakte, artenreiche Mischwälder zu roden, werden Flächen genutzt, die durch Hitze, Dürre, Stürme oder Borkenkäfer ohnehin bereits stark beeinträchtigt sind. So wird zusätzlicher Waldverlust vermieden und gleichzeitig ein aktiver Beitrag zur Energiewende geleistet. 

Parallel schaffen Windenergieprojekte konkrete finanzielle Vorteile für Waldbesitzer und Gemeinden. Private und kommunale Waldbesitzer, die unter ausbleibenden Holzerträgen leiden, können durch die Verpachtung von Flächen langfristige Einnahmen erzielen. Diese Mittel fließen häufig direkt in den Waldumbau - etwa in die Pflanzung und Pflege klimaresilienter Wälder - und stärken so die Zukunftsfähigkeit des Waldes. Auch die Bevölkerung profitiert: Gemeinden können sich an Energiegenossenschaften beteiligen oder erhalten über andere Beteiligungsmodelle finanzielle Mittel, die für gemeinnützige Projekte wie Schwimmbäder, Spielplätze oder Streuobstwiesen eingesetzt werden. Dadurch wird die Windenergie nicht als Belastung, sondern als direkter Nutzen für die Region wahrgenommen. Akzeptanz entsteht dort, wo Menschen verstehen, dass Windenergie im Wald nicht Zerstörung, sondern Erneuerung bedeuten kann - wenn sie intelligent geplant, transparent kommuniziert und in geschädigte Flächen integriert wird. So kann die Energiewende auch im Wald auf breite Zustimmung stoßen. Mit PV-Anlagen gelingt dies im allgemeinen nicht.

b.    Regularien in Sachsen

Das Landeswaldgesetz Sachsen wie auch das Bundeswaldgesetz nennen bereits in § 1 Punkt 1 den zentralen Gesetzeszweck der Walderhaltung. Diesen haben Forstbeamte in der gesamten Bundesrepublik tief verinnerlicht und verfolgen ihn auch aus eigenem Antrieb, welcher sich zudem mit großen Teilen der Gesamtgesellschaft deckt. Diesem breiten Anspruch der Walderhaltung in Deutschland kommt bei einer Konfrontation mit dem ebenfalls breiten Anspruch einer Energiewende am ehesten die Windenergie nach, da Photovoltaik zu flächenintensiv ist. Wenngleich beide Erneuerbaren-Technologien im überwiegenden öffentlichen Interesse sind, sollte jenes der Photovoltaikanlagen in Abwägungsentscheidungen zur Waldrodung nicht leichtfertig missbraucht werden. Einzelheiten zu den Bedingungen und Ausgleichsmaßnahmen im Zusammenhang mit Waldumwandlungen in Sachsen finden sich in § 8 SächsWaldG.

c.    Rolle der Waldnutzung bei der Akzeptanz Wind bzw. PV

Die Nutzung von Waldflächen kann sowohl die Akzeptanz für lokale Erneuerbare-Energien-Projekte fördern, als auch den Widerstand gegen solche verstärken. Dabei kommt es auf die Situation vor Ort und die konkrete Ausgestaltung der Projekte an.

Zunächst können durch die Erschließung von Waldflächen für z.B. die Windenergie andere Konfliktfaktoren wie zum Beispiel Abstände zu Ortschaften, unmittelbare Belastung durch Schall & Schattenwurf oder Nutzungskonflikte mit Siedlungen und Landwirtschaft vermieden werden und damit die Akzeptanz für ein Projekt steigern. Andererseits wird der Wald als Symbol für „unberührte“ Natur wahrgenommen und gilt als Rückzugsort. Daher kann es widersprüchlich scheinen, Waldflächen im Sinne des Klima- und Naturschutzes für den Bau von Energieerzeugungsanlagen aufzugeben. Hier werden oft emotionale Diskussionen geführt, welche nicht selten der Akzeptanz für die Erneuerbaren schaden.

Insgesamt muss immer eine Abwägung stattfinden, welche Flächen für die Nutzung von Erneuerbaren Energien bereitgestellt werden sollen. Dabei sollten sich Projektierer besonders auf bereits geschädigte Waldflächen in Kombination mit einer naturverträglichen Planung fokussieren, um Akzeptanz vor Ort zu schaffen.

5.    Naturverträgliche Energiewende

a.    Natur- und Artenschutz

Sowohl die Errichtung von Wind- wie auch Photovoltaikanlagen stellt einen Eingriff in die Natur dar. Während Windenergieanlagen ihr umgebendes Ökosystem vor allem über vertikales Schlagrisiko oberhalb der Baumkronen sowie Lärmemissionen beeinflussen, verschatten und blockieren Photovoltaikanlagen das Pflanzenwachstum in der Fläche, was sich auf die Bestockung und indirekt auf die Biodiversität auswirkt. Beide Technologien bringen zudem eine gewisse Versiegelung und Beunruhigung während der Errichtungsphase mit sich. 

Ihre Präsenz im Wald hat allerdings auch nicht zu vernachlässigende ökologische Vorteile. So fördern sie etwa eine naturnahe mosaikartige Waldstruktur, die neben den forstwirtschaftlich optimierten Baumbeständen mit möglichst hohen Bestockungsgraden auch lückenartige Strukturen wie z.B. Blitzschlaglöcher enthält, die Habitate für licht- und wärmeliebendere Arten bieten. Ergänzen lässt sich das mit künstlichen Gesteinsstrukturen für u.a. Reptilien, die einen felsigen Bergkamm simulieren, oder z.B. auch mit Gewässerstrukturen für Molche. Die Ausgleichsmaßnahmen für die Errichtung von Erneuerbaren im Wald können gut genutzt werden, um das Ökosystem maßgeblich aufzuwerten, wo es sonst in der forstlichen Bewirtschaftung keine Gelegenheit dazu gäbe. Auch gezielte Förderungen bestimmter Arten sind möglich.

Im Gegensatz zur kleinflächig eingebrachten Windenergie ist die Mosaikwirkung der flächenintensiven PV-Anlagen jedoch als nachteilig zu beurteilen, da bereits relativ kleine Parks im einstelligen Hektarbereich starken Kahlschlagcharakter haben (Grenze in Sachsen bei 1,5 ha). Solarparks bereichern das Waldökosystem nicht um eine kleine Ergänzung, sie tauschen es mit einem Offenland-Ökosystem aus, welches sich dann mitten im Wald befindet und einen internen Waldrand schafft. Hierbei geht neben dem üblichen Artenspektrum auch das typische Waldklima breit verloren. Sollte der geschaffene Waldrand zudem nicht umgehend ausgestaltet und stufig geschlossen werden, droht zudem eine Destabilisierung des Waldbestandes (Sonnenbrand, ungewohnter Trockenstress, Windwurfrisiko  Borkenkäfer).

b.    Forstwirtschaft und Waldumbau

Die Forstwirtschaft profitiert insbesondere vom Ausbau der Wegeinfrastruktur. Dieser große Kostenfaktor kann bei Erneuerbaren-Projekten im Wald an die Investoren ausgelagert werden, was speziell in kalamitätsgeschädigten Wäldern – mit hoher Frequentierung/Belastung durch Holzabtransporte – vorteilhaft ist. Der zweite bedeutende wirtschaftliche Vorteil ist das an die Flächeneigentümer ausgezahlte Nutzungsentgelt, welches etwa für die Finanzierung der Wiederaufforstung genutzt werden kann.

Ökologisch geschädigte oder geringwertige Wälder (z.B. Kalamitätsflächen) können als Anlagenstandorte genutzt werden, mit gleichzeitigem Ausgleich durch hochwertige Mischwald-Wiederaufforstung. So können die Kompensationsmaßnahmen dazu beitragen, den Waldstandort mit standortgerechten Baumarten widerstandsfähiger gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu machen. Dabei besteht ein breiter Kompromiss zwischen Waldbesitzerverbänden, Forstbehörden und Projektentwicklern, sich beim Ausbau vornehmlich auf die ökologisch minderwertigen Nadelbaum-Monokulturen, idealerweise deren Kalamitätsflächen, zu beschränken. Naturnahe, alte Laubmischwälder mit hohem Totholzanteil sind besonders wertvoll - hier sollte der Bau ausgeschlossen werden, da sie vielen geschützten Arten Lebensraum bieten.

c.    Klimaschutz ist Waldschutz

Die oben genannten Ausführungen zum Waldzustand machen deutlich, dass der Wald insbesondere vom fortschreitenden Klimawandel bedroht ist. Längere Trockenperioden, Hitzewellen, Sturmereignisse und die massive Ausbreitung von Schädlingen setzen insbesondere Fichtenwälder stark unter Druck. Ganze Waldgebiete verlieren ihre ökologische Funktion, ihre Schutzwirkung und ihre wirtschaftliche Nutzbarkeit. Gerade vor diesem Hintergrund leistet der zügige Ausbau erneuerbarer Energien – und damit auch ihre naturverträgliche Nutzung im Wald – einen wichtigen Beitrag zum langfristigen Schutz des Waldes selbst. Jede vermiedene Tonne CO₂ hilft, die Erderwärmung zu begrenzen und damit die Widerstandskraft unserer Wälder zu erhalten und zu verbessern. Insofern steht der gezielte Einsatz von Windenergie im Wald nicht im Widerspruch zum Waldschutz, sondern kann diesen im Sinne einer sinnvollen Klimapolitik sogar stärken.

6.    Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Erneuerbare Energien und Waldnutzung können in Sachsen Hand in Hand zum ökologischen wie auch ökonomischen Vorteil für beide Seiten gehen.

Die Installation von Photovoltaikanlagen im Wald ist grundsätzlich abzulehnen: sie schließt die forstliche Bewirtschaftung meist großräumig aus und beeinflusst das Ökosystem Wald negativ durch die Schaffung weiter Offenlandbereiche. 

Synergieeffekte sind deutlich besser mit der Windenergie zu erzielen, da sie wenig Fläche beansprucht und pro Flächeneinheit auch mehr klimaschutztechnischen wie finanziellen Ertrag erbringt.

Es wird daher grundsätzlich davon abgeraten, den Photovoltaik-Ausbau in sächsischen Wäldern umzusetzen, ein Ausbau der Windenergie hingegen ist aus den dargestellten Gründen zu befürworten.


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